Neue Chancen in der Sanierung und für den Unternehmenserhalt ab 01.01.2021

Neue Chancen in der Sanierung und für den Unternehmenserhalt ab 01.01.2021

Zeitgleich mit der vollständigen Wiedereinführung der Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige und/oder überschuldete Unternehmen zum Jahreswechsel (Ausnahmen sieh ARK Info-Brief, Nr.13) ist das durch den Bundestag am 17.12.2020 verabschiedete Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) am 01.01.2021 in Kraft getreten, mit dem Unternehmen künftig in die Lage versetzt werden sollen, Ihre Restrukturierung ab Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit ohne Insolvenzverfahren durchzuführen - die sog. Präventive Restrukturierung!

Gerade für durch die COVID-19-Pandemie betroffene Unternehmen, die u.U. einer im Jahr 2020 stark gestiegenen Verschuldung ausgesetzt sind, stellt sich nun die Frage, welche Handlungsmöglichkeiten- bzw. Alternativen bestehen, das Unternehmen – insbesondere nach Auslaufen der staatlichen Liquiditätshilfen - zu stabilisieren und wieder zukunftsfähig zu machen.

Präventive Restrukturierung oder Eigenverwaltung/Schutzschirmverfahren?

Die Entscheidung, welches dieser Verfahren in der Krise eingeleitet werden sollte, hängt zunächst davon ab, in welchem Krisenstadium sich das Unternehmen befindet. Die präventive Restrukturierung kann bei drohender Zahlungsunfähigkeit helfen. Bei bereits akuten Liquiditätsproblemen steht der Weg in die Insolvenz in Eigenverwaltung offen. Die Frage, welches Verfahren zur Bewältigung der Krise am besten geeignet ist, hängt von den konkreten Sanierungszielen ab (z.B. vorrangig finanzwirtschaftliche Sanierung und/oder Änderung/Anpassung des Geschäftsmodells verbunden mit Personalmaßnahmen und Eingriff in laufende Verträge).

Inhalt und Ziele der SanInsFoG

Die Grundlage zur Sanierung außerhalb der Insolvenz findet sich im Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetz (StaRUG). Kernelement des StaRUG ist der neu geschaffene Restrukturierungsplan gem. §§ 5 ff StaRUG.

  • In diesen Restrukturierungsplan können bestimmte, ausgewählte Gläubigergruppen mit Ausnahme von Arbeitnehmerforderungen und Forderungen aus unerlaubter Handlung einbezogen werden.
  • Die in den Restrukturierungsplan einbezogenen Gläubiger sind dann Inhaber sogenannter Restrukturierungsforderungen.
  • Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen.
  • Für Annahme des Plans ist in jeder Gruppe die Mehrheit von 75% der Stimmrechte erforderlich.
  • Die Zustimmung einzelner Gruppen kann ersetzt werden, d.h. die Sanierung kann auch gegen den Willen einzelner Gläubiger durchgesetzt werden.

Mit einer gut vorbereiteten Zusammenstellung der Gläubigergruppen und intensiven Vorabsprachen mit den wesentlichen Beteiligten kann deshalb z.B. eine während des Jahres 2020 infolge der COVID-19 Pandemie ausgeweitete, existenzbedrohende Verschuldung auf ein tragfähiges Maß zurückgeführt werden.

Um die Sanierung rechtssicher durchführen zu können, ist eine Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht erforderlich. Aufgaben des Gerichts sind:

  • die Durchführung eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens
  • die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans
  • die gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erforderlich sind
  • die gerichtliche Anordnung von Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung (z.B. die Einschränkung von Zwangsvollstreckungen)

Vorteile der Einbeziehung des Restrukturierungsgerichts in das Verfahren sind:

  • umfangreicher Anfechtungsschutz für Zahlungen nach Einleitung des Verfahrens
  • trotz später im Laufe des Verfahrens eintretender Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung besteht keine Insolvenzantragspflicht sondern nur eine Anzeigepflicht bei Gericht
  • erhöhte Rechtssicherheit

In Vorbereitung und auch unabhängig von einer präventiven Restrukturierung kann für die Dauer von 3 bis 6 Monaten eine Sanierungsmoderation eingeschaltet werden, die im Falle von wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten eines Unternehmens Unterstützung bei der Ausarbeitung von Lösungen zur Überwindung der wirtschaftlichen Krise leisten soll. Die Inanspruchnahme eines gerichtlich bestellten Sanierungsmoderators ist möglich bei

  • mittleren, kleinen und Kleinstunternehmen
  • bei wirtschaftlichen oder/und finanziellen Schwierigkeiten
  • in der Regel weit im Voraus einer möglichen Insolvenz

 

Daneben wurde durch den Gesetzgeber die Funktion des Restrukturierungsbeauftragten geschaffen, der nach Einleitung der präventiven Restrukturierung das Verfahren begleiten und überwachen soll. Die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten ist teils zwingend (z.B. wenn Rechte von kleinen oder mittleren Unternehmen betroffen sind oder eine Gläubigerzustimmung ersetzt werden soll), teils ist sie auf Antrag von mindestens 25% der Restrukturierungsgläubiger einer Gruppe möglich.

Verbunden mit der Einführung des StaRUG ist eine verschärfte Haftung der Geschäftsführung. So etabliert § 1 StaRUG eine rechtsformunabhängige Pflicht von Geschäftsleitern zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern.

 

Was bedeute dies im Einzelnen?

  • Die Geschäftsleiter sind verpflichtet, laufend die Entwicklungen zu überwachen, die zur Bestandsgefährdung des Unternehmens führen können
  • Bei Krisenanzeichen Pflicht der Geschäftsleitung, Gegenmaßnahmen zu erarbeiten und einzuleiten
  • Bei Nichtbeachtung der Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement kann dies zu einem Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG bzw. § 93 Abs.2 AktG gegenüber dem Geschäftsleiter führen

Nach Einleitung des Restrukturierungsverfahrens verschärft sich die Haftung der Geschäftsleiter zusätzlich dadurch, dass sie ab diesem Zeitpunkt vorrangig die Interessen der Gläubigergesamtheit zu berücksichtigen haben.

Im Gegenzug zu dieser Haftungsverschärfung werden Geschäftsleitungen dadurch entlastet, dass gem. des neu geschaffenen § 15b InsO Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes dienen, keine Haftung nach sich ziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Geschäftsleiter seiner Verpflichtung zur rechtzeitigen Insolvenzanmeldung gem. § 15 a InsO nachkommt.

Wovon hängt die Wahl des in Betracht kommenden Sanierungsverfahrens ab?

Zusammenfassend eignet sich das präventive Restrukturierungsverfahren vor allem, wenn

  • nur abgrenzbare Gläubigergruppen in das Sanierungsvorhaben einbezogen werden sollen und Hauptziel die finanzwirtschaftliche Sanierung ist
  • keine Arbeitnehmerrechte betroffen sind
  • kein zwangsweiser Eingriff in Dauerschuldverhältnisse erfolgen und
  • nicht am Verfahren beteiligte Kunden und Lieferanten von den Sanierungsverhandlungen nicht in Kenntnis gesetzt werden sollen (stille Sanierung)

Die Durchführung eines Eigenverwaltungsverfahrens ist regelmäßig angezeigt, wenn

  • neben der finanzwirtschaftlichen Sanierung auch das Geschäftsmodell angepasst bzw. verändert werden soll
  • umfangreiche Personalmaßnahmen erforderlich sind und in diesem Zusammenhang verkürzte Kündigungsfristen und ein limitiertes Sozialplanvolumen genutzt werden,
  • Dauerschuldverhältnisse wie Mietverträge beendet werden und
  • zusätzliche Liquiditätshilfen über Insolvenzgeld (Entlastung von den Personalkosten für 3 Monate) und Umsatzsteuererstattungen realisiert werden sollen
  • Über dieses Verfahren der Einigungsdruck auf die Gläubiger erhöht werden kann

Für von der COVID-19 Pandemie betroffene Unternehmen gelten bis zum 31.12.2021 darüber hinaus noch folgende Besonderheiten:

  • Der Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung wird von 12 auf 4 Monate verkürzt
  • Es besteht ein erleichterter Zugang zum Eigenverwaltungsverfahren, z.B. durch den Verzicht auf die nach der Neuregelung bestehende Pflicht, dem Antrag eine umfangreiche Eigenverwaltungsplanung beizufügen
  • Trotz bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit besteht die Möglichkeit, das Schutzschirmverfahren (ansonsten nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit) in Anspruch zu nehmen

Der Vorteil sowohl der präventiven Sanierung als auch der Eigenverwaltung/ Schutzschirmverfahren gegenüber einem Regelinsolvenzverfahren ist, dass der Unternehmer weiter Herr des Verfahrens bleibt und eine Veröffentlichung nicht erfolgen muss!

Die Entscheidung, ob und wenn ja, welche der vorgenannten Verfahren im Krisenstadium eines Unternehmens zur Anwendung gelangen sollte, ist von verschiedenen Bedingungen abhängig und bedarf einer umfassenden, sorgfältigen und vor allem rechtzeitigen Beratung.

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